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Aus der Geschichte
westfäl.Herrschaft

Im Herbst 1806 zogen preussische Truppen nach Westen zur Entscheidungsschlacht gegen Napoleon. Nach der unglücklichen Doppelschlacht von Jena und Auerstedt am 14.Oktober wurden die preussischen Truppen geschlagen und schon am 17. Oktober waren die Franzosen bei uns.

Das Rittergut in Kanena hatte mehrmals französische Offiziere mit ihren Bediensteten als Einquartierung. Zwischen dem 17. und 20. Oktober plünderten Franzosen auf dem Gute. Sie nahmen dabei 275 Scheffel Hafer, 65 Schock Stroh, 320 Zentner Heu, 5 Pferde, 11 Mastschweine, 12 grössere und 14 kleinere Schweine, 95 Hühner und 35 Enten. Zwischen dem 20. und 28.Oktober wurden noch 5 Scheffel Hafer, 8 Zentner Heu, 24 Truthühner, 8 Gänse und 30 Enten mitgenommen, so dass alle Schweine, alles Federvieh und fast alle Vorräte gestohlen wurden.

Dazu kamen nun die Kriegssteuern, die der neue Staat ausschrieb. Das preussische Land links der Elbe hatte man mit zum neugegründeten Königreich Westfalen geschlagen, dass von Napoleons Bruder Jerome regiert wurde.So musste1807-1808 das Gut 1907 Rthl. bezahlen. Das Dorf allein bezahlte 2740 Rthl. Aus dem ganzen Saalkreis erpresste die Regierung 682107 Rthl. Diese Summen mussten innerhalb 8 Wochen in drei Terminen bezahlt werden. Blieb jemand im Rückstand, so schickte ihm die Steuerverwaltung Soldaten zur Exekution ins Haus, die verpflegt, bezahlt und untergebracht werden mussten, bis alle Schulden getilgt waren. Im Wiederholungsfall wurde die Zahl der Einquartierten verdoppelt, ja verdreifacht.

Im Februar 1808 wurde ein neues Gesetz beschlossen, wonach sämtliche bis dahin steuerfreien Grundstücke mit einer vorläufigen Grundsteuer von 1/8 des Ertrages belastet wurden. Die Grundstücke teilte man nach dem Ertrag in Klassen ein. Zur 1. Klasse gehörten Acker, auf dem die Roggenähre 6 und mehr Körner brachte, zur 2. Klasse, wo sie 4-6 Körner brachte, zur 3. Klasse 2-4 Körner Ertrag. Zur 4. Klasse gehörte noch geringerer Acker und das Brachfeld.

Die französische Herrschaft hatte die Verwaltung im Königreich Westfalen nach französischem Muster eingerichtet. So gehörte unsere Gegend zum Kanton Dieskau im Distrikt von Halle, im Departement der Saale.

In Dieskau, dem Kantons-Hauptorte, hatte die Militärverwaltung ein Magazin eingerichtet. Die umliegenden Orte mussten an diese Verwaltung Pferde, Vieh und Naturalien liefern. Am 8.Juli sollten Kanena und andere Orte von Strohlieferungen befreit werden, wenn sie am nächsten Tag einen Schneider nach Dieskau stellen würden. Scheinbar waren die Franzosen arg abgerissen. Ob sich ein Schneider gefunden hat, ist nicht bekannt.

Der Herbst des Jahres 1813 brachte unserer Heimat die Befreiung vom Französischen Joche. Nach Schulze-Gallera kämpfte im Mai 1813 eine französische Garde mit preussischen Reitern in unserem Dorfe. Anfang Oktober kam von Zörbig her Blücher mit seiner Armee und stieß auf Leipzig vor. Als die Gefahr bestand, dass sich Napoleon auf diesen seinen erbittertsten Gegner stürzen würde, hatte Blüchers Hauptquartier den Plan, sich hinter den Reidesümpfen von Döllnitz bis Reideburg festzusetzen und hier Napoleon zu erwarten. Zum Glück für unsere Dörfer zog dieser seine Truppen um Leipzig zusammen und dort kam es am 16. Oktober 1813 zur Völkerschlacht.

Vor und nach der Schlacht bei Leipzig hatte unsere Gegend auch sehr viel zu leiden. So lagerte zwischen Kanena und Bruckdorf eine Artillerie- brigade der Verbündeten. Andere preussische und russische Truppen lagen am Dorfe nach Halle zu. Russen und Preussen kamen ins Gut, schlugen die Speisekammer auf und nahmen alle Vorräte an Lebensmitteln mit, ebenso das Federvieh.

Nach der Befreiung des Gebietes zwischen Elbe und Weser rief Preussen seine ehemaligen Untertanen auf, freiwillig ins Heer einzutreten. Es fehlte aber an Waffen zur Ausrüstung dieser Männer. Die Regierung forderte am 13. November 1813 die Bewohner auf, Gewehre und Gewehrteile abzuliefern.

Am 11.Dezember 1813 erschien in der neugegründeten “Zeitung für die Königlich Preussischen Provinzen zwischen Elbe und Weser” folgende Anerkennung des Landrates des Saalkreises:

Die Dörfer Dieskau, Bruckdorf, Kanena, Zwintschöna und Klein-Kugel gehören zu denjenigen, welche sich bei der vom hohen Gouvernement verfügten Bewaffnung des Landsturmes durch ihren Eifer vorzüglich ausgezeichnet haben, Ich freue mich, Ihnen dafür, als ein schwaches Organ der Regierung, meinen Dank öffentlich sagen zu können und gewiß werden sie mit mir das Zutrauen ehren, welches die Regierung Ihnen beweist, indem sie ihnen die Waffen selbst in die Hände gibt, da, wo die vorige Regierung sie nicht als freie Männer behandelte, vielmehr als Sklaven entwaffnete.

Oppin, dem 11.Dezember 1813                                                               Der Landrat von Bauermann

Napoleon 1. Bonaparte, Kaiser der Franzosen1769-1821

Jerome Bonaparte, König vom Reich Westphalen 1784-1860

Gebhard Leberecht von Blücher, preussischer Generalfeldmarschall 1742-1819

Gedenkstein in Kanena für die Opfer der Völkerschlacht bei Leipzig, aufgestellt 1913