Astrostation
Karl Kockel

Ein großartiger Mensch und Freund ist von uns gegangen !

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Berlin_2003

Karl Kockel wurde am 27. August 1926 geboren. Seine Kindheit verbrachte Karl in Schladebach, einem Dorf nicht weit von Merseburg entfernt.

Als Jugendlicher machte er eine Ausbildung zum Reichsbahngehilfen, musste im Krieg an die Front nach Frankreich und kam in amerikanische Gefangenschaft.

Nach 1945 sammelte Karl kurz Erfahrungen als Polizist und begann 1953 ein Fernstudium für Mathematik. Seine große Leidenschaft war aber auch Geographie und Geschichte.

Die Leitung der kleinen Schule in Halle – Kanena übernahm er 1957. Begeistert und inspiriert von den russischen Raumfahrtmissionen, wie Sputnik1 oder dem ersten bemannten Raumflug 1961, baute Karl Kockel auf dem Schulgebäude, in dem er selbst wohnte, eine Dachsternwarte. Schon damals teilte er seine Begeisterung für den Sternhimmel mit seinen Schülern. Karl nutzte geschickt die Raumfahrt-Euphorie und konnte die Verantwortlichen der Stadt Halle überzeugen, eine richtige Sternwarte mit einem großen Fernrohr neben der Schule zubauen. Sein Traum einer Astronomischen Station in Kanena,  verwirklichte er mit vielen freiwilligen Helfern im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes dann von 1961- 1965, mit dem Bau zweier Sternwarten- Gebäude und der Inbetriebnahme des Kanenaer Planetariums.

Es war das erste Schulplanetarium der DDR, deren Leiter er 1964 wurde. Er setzte sich nochmals auf die Schulbank und studierte von 1964-1965 an der pädagogischen Hochschule Potsdam  Astronomie.

Karl konnte organisieren, begeistern und Dinge voranbringen, auch in seinem seit 1950 eingemeindeten Dorf Kanena. Die Einwohner machten freilich auch nach der Zwangsvermählung mit der Stadt Halle ihr eigenes Ding. Der Selbstbehauptungs- und Gestaltungswille ist eng verbunden mit Karl Kockel. Er galt als heimlicher Ortsbürgermeister und sagte einmal:

„Wir haben Demokratie im Kleinen verwirklicht und Freiräume genutzt, und ganz wichtig Jeder packte mit an, wirklich jeder.“

Unter seiner Regie entstanden weitere Projekte in Gemeinschaftsarbeit, wie die Verlegung von 6 km Gehwegen, der Bau eines Wohnblockes mit 24 Wohnungen oder die Errichtung der Gemeinschaftsantennen-Anlage. Karl half aber auch vielen Kanenaern bei der Wohnungsvermittlung zu DDR-Zeiten.

Anfang der 70er Jahre stellten die Carl-Zeiss-Werke in Jena einen neuen Planetariumsprojektor vor und suchten einen Standort für ihr neues Planetarium, daß auch als Referenzobjekt für internationale Kunden dienen sollte.

Karl Kockel nutzte die Gelegenheit zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister Hans Pflüger und Halle bekam den Zuschlag.

Das der Bau des Raumflugplanetariums auf der Peißnitz zu DDR-Zeiten nicht ganz ohne Schwierigkeiten von statten  ging, ist sicher jedem klar. Am besten lässt sich Karl in der Zeit mit folgenden Worten beschreiben:

Wenn Karl Gelder, Genehmigungen oder andere Dinge brauchte und an prominenter Stelle abgewiesen wurde, kam er zur Hintertür wieder herein, so lange bis er bekam was er wollte.

Er galt als derart herausragender Macher, das ein Stadtbaudirektor, als bei einem Projekt mal wieder Schwierigkeiten auftraten, wütend und entnervt ausgerufen haben soll:

„Dann müsst Ihr den Kockel holen, dann klappt das auch!“

Der Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn war zweifellos die Eröffnung des Raumflugplanetariums Siegmund Jähn auf der Peißnitz, deren Direktor er 1978 wurde.

Karl Kockel begegnete vielen prominenten Wissenschaftlern, Kosmonauten, Astronauten und hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und Politik.

Karl Kockel hat tausenden Kindern, Jugendlichen und interessierten Menschen das Weltall näher gebracht und die Vorgänge am Sternenhimmel erläutert, das war sein Lebenswerk. Ihm ist es in erster Linie zu verdanken, dass Halle unter den astronomischen Einrichtungen weltbekannt wurde.

 Nach der Wende wurden auf seine Initiative hin zwei astronomische Vereine gegründet, die Gesellschaft für Astronomische Bildung und der Astronomie- Verein in Kanena. Bis ins hohe Alter von 87 Jahren  hielt Karl noch Vorträge, vor allem  für Kinder und Jugendliche. Viele erinnern sich sicher noch an den Tagbogen der Sonne, ein Vortrag den Karl hunderte Male vor Kindern hielt, zuletzt zum 50 jährigem Jubiläum unseres Planetariums 2013 hier in Kanena.

Von  seinem Wissen, seinen Erfahrungen und Kontakten profitierten auch wir Mitglieder im kanenaer Astronomie- Verein. Karl organisierte jährliche Fahrten und Ausflüge zu ausgewählten astronomischen Einrichtungen, und die unvergessliche Reise zur Sonnenfinsternis 2006.

Karl Kockel, ein großartiger Mensch und Freund ist von uns gegangen. Er verstarb am  07. Dezember 2015 nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 89 Jahren.

Folgende Worte möchte ich im Gedenken an Karl noch sagen:

Und immer sind da Spuren Deines Lebens, Gedanken, Bilder und Augenblicke. Sie werden uns an Dich erinnern, und glücklich und traurig machen, und dich nie vergessen lassen.

 

Ehemaliger Schüler und Freund

Torsten Klepzig